Leo Neugebauer holte beim Zehnkampf bei den Olympischen Spielen Silber. Niklas Kaul hatte sich auch etwas ausgerechnet, erwischte aber einen schwachen ersten Tag. Nach dem Wettbewerb stand der 26-Jährige Rede und Antwort.
Niklas Kaul rannte beim 1500-Meter-Lauf allen davon, in der Gesamtwertung wurde er Achter. IMAGO/Rene Schulz
2021 endeten die Olympischen Spiele in Tokio für Kaul nach einer Sprunggelenksverletzung, die er sich beim Hochsprung zugezogen hatte, noch an Tag eins. Und auch drei Jahre später in Paris war der Wettbewerb nach schwachen Disziplinen am ersten Tag des Zehnkampfes für den gebürtigen Mainzer auf Rang 20 - dem vorletzten Platz - quasi bereits beendet. Doch der 26-Jährige kämpfte sich an Tag zwei vor bis auf Platz acht. Nach dem wechselhaften Wettbewerb zog Kraul nun Bilanz und sprach über ...
Olympia 2024
- Das Endergebnis im Zehnkampf
... die Gründe für den schwachen ersten Wettkampftag
"Ich bin in den Wettkampf gegangen und habe mir sehr viel vorgenommen. Und das hat am Anfang gerade die ersten zwei Disziplinen nicht geklappt. Und dann ist dieses mentale, ich würde es jetzt mal als mentales Kartenhaus beschreiben, gerade so in sich zusammengestürzt. Das war superschwierig. Und ich glaube, was mir da auch gar nicht geholfen hat, was vielleicht auch von mir einfach eine Fehleinschätzung war, war das, dass ich dieses Jahr oder das letzte halbe Jahr eben gesagt habe, ich mache nur Sport und konzentriere mich mal voll da drauf. Weil ich damit für mich so diese Lockerheit und so diese Leichtigkeit verloren habe. Ich glaube, ich bin jemand, ich brauche nebenbei noch was. Und das werden wir halt in Zukunft wieder anders machen."
... die mentale Situation nach dem ersten Tag
"Den ersten Tag hinter mir zu lassen, war eine Katastrophe. Das war der schlimmste, also mental der schlimmste Zehnkampf, den ich je gemacht habe. Körperlich geht es mir gut, aber der Kopf war hart. Ich habe mir das dann noch mal ausgerechnet, habe gemerkt, so ein bisschen könnte noch so gehen, wenn es richtig gut läuft. Aber ich glaube, da brauchen wir nicht drum rum reden. Ich saß dann auch schon noch mal kurz alleine in meinem Zimmer und habe die ein oder andere Träne verdrückt, das ist halt einfach so. Und heute früh bin ich aufgestanden und habe gesagt, okay, jetzt kommen aber noch mal fünf Disziplinen, die kannst du eigentlich."
Über die zwei Tage gab es doch immer mal den Moment, in dem ich kurz davor war, die Spikes in die Ecke zu schmeißen.
Niklas Kaul
... seinen Weg zurück in den Wettbewerb
In der Früh bin ich aufgestanden und habe gesagt: 'Okay, jetzt kommen aber noch mal fünf Disziplinen, die kannst du eigentlich. Die machen dir auch eigentlich alle Spaß.' Und ja, dann musst du dir so ein bisschen Lachen zurückholen. Das hat drei Disziplinen, ja, vier Disziplinen gedauert, bis es wieder da war. Und jetzt bin ich dann froh, wie es am Ende ausgegangen ist. Jetzt bin ich gerade eigentlich ganz froh, dass ich es durchgemacht habe, weil über die zwei Tage gab es doch immer mal den Moment, in dem ich kurz davor war, die Spikes in die Ecke zu schmeißen und zu sagen, so das reicht, das macht keinen Sinn hier, von daher bin ich gerade eigentlich froh.
Wird Los Angeles 2028 der letzte Zehnkampf?
... seine Lehren aus dem Zehnkampf von Paris und seine Zukunft
Wir müssen jetzt mal gucken nach der Saison, oder nach einer kleinen Pause, was die Saison nicht so gelaufen ist oder warum manche Disziplinen nicht so geklappt haben, wie ich mir das vorgestellt habe und dann gucken, wie wir das anpassen müssen.Also wenn es nächstes Jahr gut läuft, sage ich, ja, Paris war der Wendepunkt.
Ich sag mal, vielleicht hilft es das nächste Mal, nicht an Platz 20 in Tag zwei zu starten. Das wäre schon mal eine ganz gute Grundvoraussetzung. Los Angeles (dort finden die Olympischen Sommerspiele 2028 statt;Anm. d. Red.) steht schon noch auf meiner Liste. Vielleicht dann als letzter Zehnkampf der Karriere.
... die Silbermedaille von Leo Neugebauer
Sau stark, also das war richtig gut. Auch Leo hatte Disziplinen, die nicht so geklappt haben, Stabhochsprung, Diskus, war zwar sehr weit, aber halt auch so, dass der Leo auch schon mal weiter geworfen hat diese Saison. Und danach jetzt das so zu Ende zu bringen, ist saustark, ist wirklich wahnsinnig stark, also das zeichnet große Zehnkämpfer aus, dass sie das in dem richtigen Moment dann auch hinkriegen. Das hat er gemacht und er hat ja dem Druck des Führenden an Tag eins irgendwie standgehalten, was auch nicht ganz einfach ist, was ihm letztes Jahr in Budapest (Leichtathletik-WM 2023; Anm. d. Red.) noch ein bisschen zum Verhängnis geworden ist. Dass er da draus so gelernt hat, davor kann ich nur den Hut ziehen.
dos, CSL